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Strecke 6683: Mühlberg-1-Tunnel

Der Mühlberg I - Tunnel, auch Zschachenmühltunnel oder Zschachen-Mühlberg-Tunnel genannt - ist der vierte Tunnel der Strecke. Er war mit seinen 72 Meter der kürzeste der insgesamt 28 Tunnel der früheren RBD Erfurt. Der Tunnel ist in den Jahren 1893/94 erbaut worden und wurde am 1. Oktober 1895 eröffnet. Der Tunnel ist für eingleisigen Betrieb gebaut und ist in seiner gesamten Länge im üblichen Ei-Profil ausgemauert. Der Tunnel schließt nach einem kurzen Voreinschnitt an den ca. 100 Meter langen Saaletal-Viadukt an und hat fast genau die Hauptachse Nordost - Südwest. Der Tunnel liegt in einer durchgehenden Neigung von 1:50 und in einer Krümmung von 200 Meter Halbmesser. Das Gelände über dem Tunnel steigt von beiden Seiten der Portale aus ziemlich gleichmäßig und steil bis auf 405 Meter über NN an. Damit hat das Deckgebirge 19 Meter Überlagerung über dem Gewölbescheitel. Nach heutigem Stand der Technik hätte man sicherlich keinen Tunnel errichtet, sondern die Strecke in einem offenen Einschnitt durch das Massiv geführt. Wie bei allen Tunneln der Strecke sind auch hier die Hauptmaße: Breite 5,00 Meter, Höhe 5,62 Meter zwischen SO und Gewölbescheitel, Halbmesser des Gewölbescheitels 2,20 Meter.

Urprofile sind nicht mehr vorhanden - im Tunnelprüfungsbuch sind aber laufend Hinweise vorhanden, dass das Normalprofil des lichten Raumes ausreichend vorhanden sei. Im Jahre 1922 wurden mit dem Storchenschnabel neue Profile des Gewölbes aufgenommen.
In Tunnel fehlen Ausrüstungsgegenstände wie Fernsprecher, Hupen, Beleuchtungs- oder Belüftungseinrichtungen. Sie sind bei dieser Länge auch nicht erforderlich. Im Widerlagermauerwerk sind 3 Nischen, gegeneinander versetzt, ausgespart. Der Tunnel ist in 9 verschieden langen Zonen gemauert, die durch durchgehende Fugen im Gewölbe- und Widerlagsmauerwerk voneinander getrennt sind. Im Tunnel ist kein Sohlengewölbe oder eine sonstige Sohlenaussteifung eingebaut.
Die Baukosten des Tunnels wurden bei der Generalinventuraufnahme des Reichsbahnvermögens im Oktober 1950 mit nur 86.400 Mark und die voraussichtliche Lebensdauer mit 200 Jahren eingesetzt.

Im Tunnelprüfungsbuch wird das durchfahrene Gebirge wie folgt charakterisiert: "Der Tunnel führt auf seiner gesamten Länge durch festen Grauwackefelsen." An anderer Stelle heißt es: "Grauwacke überall fest, nicht brüchig und auch nicht druckhaft. Nach stärkeren Niederschlägen wasserhaltig von km 34,935 bis 34,982 namentlich im Scheitel. Desgleichen von km 34,990 bis 35,007 nur vereinzelte wasserhaltige Stellen in Kämpferhöhe und Scheitel"".
Weiter heißt es in der Baubeschreibung: "Der Tunnel ist nach der belgischen Tunnelbauweise in den Jahren 1893/94 nach den angeführten Quer- und Längsschnitten erbaut. Die Widerlager und Gewölbe sind in einer Stärke von 50 cm ausgeführt. Druckhaftes Gebirge war nicht vorhanden. Während der Herstellung der Widerlager und des Gewölbes ist der zwischen Mauerwerk und Felsen vorhandene Hohlraum von durchschnittlich 20 cm Höhe mit Grauwackesteinen trocken ausgefüllt worden."
Diese Kennzeichnung des Gesteins scheint nicht voll zutreffend, da der hauptsächlich anstehende Grauwackefelsen mit Tonschieferschichten verschiedener Stärke durchsetzt ist. Es ist also kein einheitlicher Aufbau des Gesteins vorhanden. Der Grauwackestein ist von bräunlicher Tönung, im allgemeinen verwitterungsfrei und fest und steht in starken Schichten und Bänken an, die nur verhältnismäßig wenig zerrissen und zersprungen sind. Die sehr verschieden starken und aus dünnen Platten bestehenden Tonschiefereinlagen verwittern leicht und zerbröckeln in kleine und größere Geröllscherben. Die einzelnen Gebirgsschichtungen sind nicht so verworfen und durcheinander gelagert, wie es am Mühlenberg II - Tunnel der Fall ist. Im allgemeinen kann man von einem verschiedenen, im Durchschnitt ziemlich senkrechten Einfall der einzelnen Gesteinsschichtungen reden. Die Zwischeneinlagerungen von Tonschieferschichten zwischen dem vorherrschenden Grauwackegestein ist für die Standhaftigkeit des Deckgebirges ohne Bedeutung. Das Deckgebirge verdient nach seiner ganzen Beschaffenheit, Lagerung und Zusammenhang durchaus die Bezeichnung "nicht druckhaft".

  Nordportal des Mühlberg-1-Tunnels (Foto: Karlheinz Dörner)
  Nordportal
Aus diesen Angaben und der Ortsbesichtigung zog Schuppe folgende Schlüsse:
1. Die bei festem Gebirge angewendete belgische Tunnelbauweise ist der erste Beweis für das im Deckgebirge vorhandene Gleichgewicht.

2. Das Fehlen eines Sohlengewölbes oder einer Aussteifung der Widerlager zeugt ebenfalls von der Ruhe im Deckfels.

3. Die gewählte geringst übliche Ausmauerungsstärke von 0.5 Meter sowohl im Gewölbe wie auch in den Widerlagsmauern würde beim Vorhandensein von Druckstellen nicht ausgereicht haben, um Verdrückungen oder Verformungen im Gewölbe und auch in den Widerlagsmauern zu verhindern. Da solche nicht vorhanden sind, ist anzunehmen, dass im Tunnel keine größeren schädlichen Kräfte auftreten.

4. Auch die Stärke der Portalmauerwerke hat sich als ausreichend erwiesen. Setzrisse und von schiebenden Kräften ausgehende Abquetschungen der Portale sind nicht vorhanden.

5. Der Hinweis auf die ausgepackten, ca. 20 cm starken Zwischenräume zwischen Fels und Tunnelausmauerung deutet darauf hin, dass auch Absackungen des Tunnelgewölbes nicht stattgefunden haben und dieses nirgends von der Gebirgslast bedrückt wird.

6. Tagesbrüche sind beim Tunnelbau anscheinend nicht aufgetreten. Ebenso ist das Vorhandensein von Gleitschichten, Rutschstellen, Hohlräume, Auswaschungen u.ä. nicht erwähnt.

Wenn auch nach diesen Merkmalen das Deckgebirges als "nicht druckhaft" bezeichnet werden kann, musste doch die Tunnelröhre auf voller Länge ausgemauert werden, da die erforderliche Geschlossenheit des Gesteins fehlt. Die ungleichmäßige Lagerung des Gesteins, die fehlende Verwitterungsfestigkeit und seine Durchsetzung mit Tonschieferschichten begründen die Notwendigkeit der vollständigen Ausmauerung.

Der Tunnel liegt nicht gerade günstig am Hang des steil nach dem Otterbach zu fallenden Mühlberg-Höhenrückens. Das Gelände ist mit Nadelwald bestanden und weist keine Unebenheiten, Löcher, Spalten, Einbrüche usw. auf, die zu Wasseransammlungen und Einsickerungen in das Deckgebirge führen können. Im Deckgebirge herrscht allem Anschein nach völlige Ruhe.

Die Ausmauerung des Tunnels ist wahrscheinlich zum Großteil aus dem Tunnelausbruchmaterial sowie aus den Einschnitten gewonnenen Steinen erfolgt. Diese Grauwacke-Bruchsteine sind fest, nässe- und frostbeständig. sind gut erhalten, sie weisen keinerlei Schäden (wie z.B. Schalenablösungen, Verwitterungserscheinungen, Risse, Kantenabsprüngen u.ä.) auf.
Das gesamte Tunnelmauerwerk ist sachgemäß und handwerksgerecht hergestellt worden, es sieht jedenfalls erheblich besser als im Mühlberg II - Tunnel aus.
Das Gewölbemauerwerk besteht aus einigermaßen gut bearbeiteten Grauwacke-Bruchsteinen in Schichten mit gutem Verband. Es weist keine Verdrückungen, Abplattungen, Profilverquetschungen oder sonstige Schäden auf. Lose, abgesplitterte oder gar herausgefallene Wölbsteine sind nicht vorhanden, hohl klingende Stellen im Gewölbemauerwerk sowie Längs- oder Querrisse wurden bisher noch nicht bemerkt. Die Ausführungsweise des Gewölbemauerwerks mit nur 0,50 Meter Mauerstärke hat sich als ausreichend erwiesen.

Südportal des Mühlberg-1-Tunnels (Foto: Karlheinz Dörner)  
Südportal  
Das Widerlagermauerwerk besteht ebenfalls aus Grauwacke-Bruchsteinen verschiedener Größe mit zum größten Teil bearbeiteter Lagerflächen und Stoßfugen. Durch Verwendung möglichst großer Bruchsteine ergaben sich auch normale Größe und Anzahl der Fugen. Die Mauerstärke von 0,5 Meter hat sich als ausreichend erwiesen, denn auch hier sind keine Ausbauchungen, Verdrückungen oder Verschiebungen im Widerlagermauerwerk zu verzeichnen.
Das Widerlagermauerwerk scheint also nicht überbeansprucht zu sein. Hohl klingenden Flächen wurden beim Abklopfen des Widerlagermauerwerks nicht gefunden. Ebenfalls gibt es keine losen, beschädigten, mürben oder durch Verwitterung angefressenen Steine.

Im Tunnelprüfungsbuch ist das Gebirge nur nach starken Niederschlägen als wasserhaltig bezeichnet worden. Die Undichtigkeiten erstreckten sich mit Ausnahme eines kurzen Zwischenstückes über die gesamte Tunnellänge. Beim Bau des Tunnels wurde das Gewölbe nur am südlichen Ende auf eine Länge von 3 Meter mit Asphaltplatten provisorisch abgedeckt, während der übrige Gewölberücken nur mit einer Zementschicht überzogen wurde. Diese ungenügende Isolierung führte dann dazu, dass 1909 das Gewölbe vollständig nach den Bestimmungen der Dienstvorschrift über die Abdichtungen von Ingenieurbauwerken durch Aufbringung von zwei Lagen Tektolyth abgedichtet wurde. Die Bezugsquellen für die bei den Trockenlegungsarbeiten verwendeten Stoffe sind nicht mehr bekannt. Die Kosten betrugen je Meter Abdichtung nur rund 214,50 Mark. Die Hohlräume wurden mit den bei der Herstellung des Arbeitsraumes gewonnenen Grauwackesteinen trocken ausgepackt.

Die Sammlung und Abführung des im Tunnel auftretenden Wassers erfolgt an beiden Widerlagern in Kämpferhöhe in je einer Längsentwässerungsrinne, die durch die gesamte Tunnellänge hindurchgeht und am Nordportal in besonderen, mit kleinen Überdachungen versehenen Abflussöffnungen ausmündet. Das Längsgefälle geht mit dem Gleisgefälle 1:50 mit. Die Herstellung von Fallschächten hinter den Widerlagsmauern und deren Wasserableitung in der Sohlenlängskanal kann deshalb entfallen. Auf diese einfache Ausführungsweise ist dann auch der sehr billige Herstellungspreis der Tunnelabdichtung zurückzuführen.

Die beiden Portale bestehen ebenfalls aus Grauwackesteinen, die mit Zementmörtel zu einem Schichtenmauerwerk verarbeitet wurden.

1973, 1977 und 1978 wurden auf Grund des sehr schlechten Zustandes des Tunnels von der Brückenmeisterei Neudietendorf - Außenstelle Silberhausen - Instandhaltungsarbeiten ausgeführt:
1973 wurden neue Markierungen der Tunnelnischen angebracht. Die gestrichenen Asbesttafeln, die trotz geringer betrieblicher Belastung schnell schwarz und unkenntlich wurden, bewährten sich nicht. Entsprechend der Betra 2740 des Rba Saalfeld vom 16.01.1973 wurden die Freileitungsträger und andere aus dem Mauerwerk herausragende Eisenteile aus Sicherheitsgründen entfernt sowie die Zonenschilder (1 bis 10) erneuert. Die Arbeiten wurden vom Arbeitszug aus nachts während der Dienstruhe ausgeführt.
Gemäß Betra 2663 des Rba Saalfeld am 28. Juni 1977 wurden nochmals vom Arbeitszug aus die Nischenmarkierungen und Zonenschilder durch neue Plasttafeln ersetzt. Gleichzeitig wurden Widerlager und Portale gereinigt und verfugt. Wegen ungünstiger Witterung wurden die Arbeiten abgebrochen und erst mit Betra 2937 des Rba Saalfeld vom 12.07.1978 fertiggestellt.
Text und Bilder von Karlheinz Dörner
 
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Nordostportal des Mühlberg-1-Tunnels (Foto: Klaus Erbeck)   Nordostportal,
fotografiert in 2001 von Klaus Erbeck
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